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Grußwort des Präsidenten des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs


Zum Jahresempfang der schaumburg-lippischen Landeskirche überbringe ich die besten Grüße des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs. Der Staatsgerichtshof ist neben dem Landtag und der Landesregierung das dritte Verfassungsorgan des Landes Niedersachsen. Er hat – was vielleicht nicht alle hier in diesem Raum wissen – seinen Sitz in Bückeburg; gewissermaßen in nächster Nachbarschaft zur Landeskirche. Mit den nachbarschaftlichen Grüßen und allen guten Wünschen für die Arbeit der Landeskirche möchte ich einige wenige Bemerkungen zu Stellung und Aufgaben der Kirchen in unserer Gesellschaft verbinden.

Gesellschaften sind unausweichlich geprägt durch unterschiedliche Einkommens- und Vermögens-verhältnisse der Menschen. Der Sozialstaat der Gegenwart hat es unternommen, ein Existenz-minimum zu garantieren, das ein menschenwürdiges Leben ermöglicht; doch lassen sich Transferleistungen nicht beliebig steigern, weil sie zunächst erwirtschaftet werden müssen. Allerdings muss das Bewusstsein dafür geweckt werden, dass die Bedürftigkeit von Menschen nicht zum Stigma geraten darf, dass „Hartz IV“ kein Schimpfwort sein darf und Menschen, die auf Transferleistungen angewiesen sind, den gleichen Anspruch auf soziale Achtung haben wie Großverdiener. Hier kommt den Kirchen eine wichtige Aufgabe zu, weil ihr Selbstverständnis es einschließt, nicht nur – aber auch – die „Kirche der Armen“ zu sein und damit eine Heimstatt für die weniger Erfolgreichen in unserer Gesellschaft zu bieten.

Unsere Gesellschaft ist auch gekennzeichnet von einem Gegensatz zwischen Jung und Alt, der von einer dem Jugendwahn erlegenen Werbe- und Medienindustrie immer wieder ins Bewusstsein gerückt wird. Die Kirche hat als Institution stets alle Generationen angesprochen und unter ihrem Dach vereint.

Der Unterschied – gelegentlich auch Gegensatz – der Generationen führt geradewegs in die Familie, die in den vergangenen Jahrzehnten von der Politik in auffälliger Weise vernachlässigt worden ist. Eine verbreitet hedonistische Lebensauffassung, deren einziges Ziel die „Selbstverwirklichung“ war, hat viele Menschen abgehalten, sich auf Dauer zu binden und eine Familie zu gründen. Bezeichnend ist, dass ein Richtungswechsel erst in jüngerer Zeit eingetreten ist, nachdem bewusst geworden ist, dass der Generationenvertrag voraussetzt, dass es zukünftige Generationen gibt. Jenseits dieser rein ökonomischen Überlegungen ist es Aufgabe der Kirche, das Bewusstsein dafür zu wecken, dass der Eheschließung nicht nur Eventcharakter zukommt; sie vielmehr die Vorstufe zur Familie ist, die wiederum die Grundlage unserer Gesellschaft darstellt.

Sie mögen aus dieser knappen Skizze entnehmen, dass den Kirchen – gerade nach ihrer leidvollen Geschichte konfessioneller Spaltung – wichtige Aufgaben der Überwindung von Gegensätzen in unserer Gesellschaft zufallen. Diese Aufgabe ist umso wichtiger, als es andere Kräfte in Staat und Gesellschaft gibt, die ihre Aufgabe darin sehen, vorhandene Gegensätze zuzuspitzen und zu vertiefen.

Die Landeskirche Schaumburg-Lippe bildet mit ihren über 60.000 Mitgliedern und ihren überaus aktiven Gemeinden das seltene Beispiel einer intakten Glaubensgemeinschaft. Sie, lieber Herr Bischof, und Ihre Gemeinden begleiten deshalb für Ihre zukünftige Arbeit meine besten Wünsche.

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