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Die Zuständigkeiten des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs

Die Zuständigkeiten des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs beruhen nicht auf einer Generalklausel, sondern sie folgen dem Enumerationsprinzip. Derzeit basieren nahezu alle Zuständigkeitsregeln auf der Verfassung selbst.

Art. 54 der Niedersächsischen Verfassung (NV) weist dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof bestimmte Zuständigkeiten für Streitigkeiten zu. Diese Aufzählung ist allerdings nicht abschließend. Weitere Zuständigkeiten finden sich in Art. 11 Abs. 4 NV (Wahlprüfung), Art. 17 NV (Abgeordnetenanklage), Art. 40 (Anklage von Regierungsmitgliedern) und Art. 27 Abs. 7 NV (Prüfung Untersuchungsauftrag). Darüber hinaus kann nach Art. 54 Nr. 6 NV auch ein (einfaches) Gesetz Zuständigkeiten des Niedersächsischen Staatsgerichtshof begründen. Ein solcher Fall ist bei der Entlassung von Mitgliedern des Staatsgerichtshofs nach §§ 5 Abs. 4, 6 NStGHG gegeben. Die vollständige Aufzählung der dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof zugewiesenen Entscheidungen enthält § 8 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof (NStGHG).

Im Einzelnen entscheidet der Staatsgerichtshof

  • in Organstreitverfahren über die Auslegung der Landesverfassung bei Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Landesorgans oder anderer Beteiligter, die durch diese Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages oder der Landesregierung mit eigenen Rechten ausgestattet sind, auf Antrag des obersten Landesorgans oder anderer Beteiligter (Art. 54 Nr. 1 NV);


  • bei Streitigkeiten über die Durchführung von Volksinitiativen, Volksbegehren oder Volksentscheiden auf Antrag der Antragstellerinnen und Antragsteller, der Landesregierung oder eines Fünftels der Mitglieder des Landtages (Art. 54 Nr. 2 NV);


  • in abstrakten Normenkontrollverfahren bei Meinungsverschiedenheiten oder Zweifeln über die förmliche oder sachliche Vereinbarkeit von Landesrecht mit dieser Verfassung auf Antrag der Landesregierung oder eines Fünftels der Mitglieder des Landtages (Art. 54 Nr. 3 NV);


  • in konkreten Normenkontrollverfahren über die Vereinbarkeit eines Landesgesetzes mit dieser Verfassung auf Vorlage eines Gerichts gemäß Artikel 100 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Art. 54 Nr. 4 NV);


  • in kommunalen Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung durch ein Landesgesetz (Art. 54 Nr. 5);


  • über Anfechtungen von Wahlprüfungsentscheidungen des Landtages, die die Gültigkeit einer Wahl, den Verlust des Mandats eines Mitglieds des Landtages oder den Erwerb der Mitgliedschaft im Landtag betreffen (Artikel 11 Abs. 4 NV);


  • über eine Abgeordnetenanklage auf Antrag eines Drittels der Mitglieder des Landtages gegen einen Abgeordneten mit dem Vorwurf, er habe seine Stellung als solcher in gewinnbringender Absicht missbraucht (Art. 17 NV);


  • über eine Ministeranklage des Landtages gegen Regierungsmitglieder oder auf Antrag eines Regierungsmitglieds mit dem Vorwurf, bei der Ausübung des Amtes vorsätzlich die Verfassung oder ein Gesetz verletzt zu haben (Art. 40 NV);


  • über den Antrag eines Gerichts, die einem Ausschuss aufgegebene Untersuchung sei verfassungswidrig und dies sei für die Gerichtsentscheidung erheblich (Art. 27 Abs. 7 NV);


  • in den übrigen ihm durch diese Verfassung oder durch Gesetz zugewiesenen Fällen (Art. 54 Nr. 6 NV).

Jede Verfahrensart folgt eigenen Regeln und Besonderheiten. Die jeweiligen Einzelheiten sind im Niedersächsischen Gesetz über den Staatsgerichtshof bestimmt.

Der Niedersächsische Staatsgerichtshof kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung auch vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist (§ 12 NStGHG i.V.m. § 32 BVerfGG).

Im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern, mit Ausnahme von Bremen, Schleswig-Holstein und Hamburg, gibt es in Niedersachsen keine Individualverfassungsbeschwerde. Soweit sich ein niedersächsischer Bürger gegen in der Niedersächsischen Verfassung enthaltene Grundrechtsverletzungen durch einen Akt der staatlichen Gewalt wenden möchte, muss er deshalb Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht erheben.

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