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Kommunalverfassungsbeschwerde niedersächsischer Landkreise gegen haushaltsrechtliche Sonderregelungen zur Bewältigung der Folgen des Ukrainekrieges zurückgewiesen

Pressemitteilung Nr. 8/24

Der Niedersächsische Staatsgerichtshof hat am 2. Mai 2024 seine Entscheidung über die Kommunalverfassungsbeschwerde acht niedersächsischer Landkreise gegen haushaltsrechtliche Sonderregelungen zur Bewältigung der Folgen des Krieges in der Ukraine verkündet.

Die niedersächsischen Landkreise Diepholz, Emsland, Friesland, Nienburg/Weser, Northeim, Uelzen, Vechta und Wolfenbüttel hatten eine Verletzung ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts durch die Regelung des § 182 Abs. 5 des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) geltend gemacht. Die Norm erlaubt Kommunen u.a., zur Bewältigung der Folgen des Ukrainekrieges unter erleichterten Voraussetzungen Kredite aufzunehmen und sich über den Wert ihres Vermögens hinaus zu verschulden sowie auf die grundsätzlich vorgesehene Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes zu verzichten. Daneben haben die Beschwerdeführer die formelle Verfassungswidrigkeit der Norm gerügt, da der Niedersächsische Landkreistag als ihr kommunaler Spitzenverband in dem der Norm zugrundeliegenden Gesetzgebungsverfahren nicht ordnungsgemäß nach Art. 57 Abs. 6 der Niedersächsischen Verfassung (NV) beteiligt worden sei.

Der Staatsgerichtshof hat die Kommunalverfassungsbeschwerde zurückgewiesen. Sie ist unzulässig, da die Beschwerdeführer sie nicht ausreichend begründet haben. Das kommunale Haushaltsrecht und die allgemeinen Haushaltsgrundsätze müssen notwendigerweise durch gesetzliche Regelungen ausgestaltet werden. Ein Eingriff in das verfassungsrechtlich garantierte Selbstverwaltungsrecht durch haushaltsrechtliche Regelungen liegt dabei nur vor, wenn die kommunale Haushalts- und Finanzhoheit beschränkt wird. Durch die befristet bis zum 30. Juni 2024 mit § 182 Abs. 5 NKomVG geschaffenen haushaltsrechtlichen Erleichterungen wird der haushaltsrechtliche Gestaltungsspielraum der Kommunen gegenüber den strengeren allgemeinen Regeln allerdings lediglich erweitert. Eine Pflicht zur Verschuldung wird damit nicht bewirkt. Darüber hinausgehende, konkrete nachteilige Auswirkungen auf ihre eigenen Haushalte oder konkrete finanzielle Einschränkungen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben hatten die Beschwerdeführer in ihrer Begründung nicht geltend gemacht.

Ein Verstoß gegen die Pflicht zur Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände im Gesetzgebungsverfahren gemäß Art. 57 Abs. 6 NV – etwa, weil ein Gesetz ohne nachvollziehbaren Grund als eilbedürftig behandelt wird - kann zwar zur formellen Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes führen. Dies kann jedoch von den Landkreisen mit der Kommunalverfassungsbeschwerde nicht isoliert, sondern nur im Zusammenhang mit einem – hier nicht dargelegten – Eingriff in ihr kommunales Selbstverwaltungsrecht geltend gemacht werden. Denn die Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände im Gesetzgebungsverfahren ist kein Selbstzweck, sondern dient der verfahrensrechtlichen Sicherung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie.


Mestwerdt

Niedersächsischer Staatsgerichtshof, Urt. v. 2.5.2024 – StGH 4/23 –

Hinweis:

Der Staatsgerichtshof hat den an dasselbe Gesetzgebungsverfahren anknüpfenden Antrag des Niedersächsischen Landkreistages im Organstreitverfahren wegen einer Verletzung von Art. 57 Abs. 6 NV mit einem weiteren Urteil vom 2.5.2024 (– StGH 1/23 -) ebenfalls zurückgewiesen (siehe hierzu die gesonderte Pressemitteilung).

Artikel-Informationen

erstellt am:
02.05.2024

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