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Geschäftsordnung des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs

vom 24. Januar 2014

Aufgrund des § 1 Abs. 3 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof - NStGHG - vom 1. Juli 1996 (Nds. GVBl. S. 342), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. November 2011 (Nds. GVBl. S. 414), hat der Staatsgerichtshof am 24. Januar 2014 folgende Geschäftsordnung beschlossen:

Erster Teil

Organisation des Staatsgerichtshofs

§ 1

(1) Der Präsident vertritt den Staatsgerichtshof nach außen und führt die Verwaltung. Er stellt den Haushaltsvoranschlag auf und vertritt ihn im Verfahren der Haushaltsaufstellung.

(2) Der Präsident nimmt die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit wahr. Verlautbarungen über ergangene Entscheidungen ergehen im Einvernehmen mit den Berichterstattern. Dem Präsidenten obliegt die Veröffentlichung der Entscheidungen in der Sammlung der Entscheidungen des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs (StGHE), in der Sammlung der Entscheidungen der Verfassungsgerichte der Länder (LVerfGE) und in der Fachpresse.

§ 2

(1) Der Präsident unterrichtet die Mitglieder des Staatsgerichtshofs über alle wichtigen Vorgänge, die sie oder den Staatsgerichtshof berühren.

(2) Der Staatsgerichtshof berät und beschließt über Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung, die seine Stellung und seine Arbeitsbedingungen betreffen. Wird über eine die Stellung der Stellvertreter berührende Frage beschlossen, so nehmen diese mit beratender Stimme an der Erörterung teil.

(3) Die Beschlussfassung über ein Verlangen des Staatsgerichtshofs nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 NStGHG veranlasst der Präsident. Soll sich das Verlangen gegen ihn richten, wird an seiner Stelle die Vizepräsidentin tätig.

§ 3

(1) Die Mitglieder des Staatsgerichtshofs tragen in öffentlichen Sitzungen eine schwarze Robe mit dunkelrotem Besatz. Die Regelung gilt entsprechend für den Schriftführer. Die vor dem Staatsgerichtshof auftretenden Rechtsanwälte tragen ihre Amtstracht.

(2) Das Gebäude, in dem die öffentliche Sitzung des Staatsgerichtshofs stattfindet, ist auf Anordnung des Präsidenten während einer mündlichen Verhandlung und einer Urteilsverkündung zu beflaggen.

§ 4

(1) Bei dem Staatsgerichtshof ist eine Geschäftsstelle eingerichtet, deren Aufgaben gemäß § 11 NStGHG nach Weisung des Präsidenten von der Geschäftsstelle des Landgerichts Bückeburg wahrgenommen werden. Die Erfüllung dieser Aufgaben geht den sonstigen Aufgaben der Beschäftigten des Landgerichts Bückeburg vor.

(2) Die Geschäftsstelle führt ein Verfahrensregister und ein Allgemeines Register.

(3) In das Verfahrensregister werden jahrgangsweise die in die Zuständigkeit des Staatsgerichtshofs fallenden Sachen nach der zeitlichen Reihenfolge ihres Eingangs eingetragen. Anträge nach § 20 NStGHG werden als gesonderte Verfahren geführt. Die Verfahren erhalten ein Geschäftszeichen, das sich aus der Buchstabenfolge StGH, der sich aus dem Verfahrensregister ergebenden laufenden Nummer und den letzten beiden Ziffern des Geschäftsjahres zusammensetzt.

(4) In das Allgemeine Register werden jahrgangsweise alle an den Staatsgerichtshof gerichteten Anträge oder Eingaben eingetragen, die nicht in die Zuständigkeit des Staatsgerichtshofs fallen. Hierzu zählen insbesondere Eingaben, mit denen der Absender keinen bestimmten Antrag oder ein Anliegen verfolgt, das nicht in die Zuständigkeit des Staatsgerichtshofs fällt.

(5) Der Präsident entscheidet, ob ein Vorgang in das Allgemeine Register einzutragen ist. Der Präsident behandelt die in das Allgemeine Register eingetragenen Vorgänge als Justizverwaltungssachen.

(6) Das Geschäftsjahr ist das Kalenderjahr.

§ 5

Der Staatsgerichtshof führt das große Landessiegel und das kleine Landessiegel mit der Umschrift „Niedersächsischer Staatsgerichtshof“.

§ 6

Die Arbeit des Staatsgerichtshofs kann von wissenschaftlichen Mitarbeitern unterstützt werden. Sie sind dabei an die Weisungen des Präsidenten oder des Mitgliedes, dem sie zugewiesen sind, gebunden. An den Beratungen des Staatsgerichtshofs nehmen sie nicht teil.

Zweiter Teil

Mitwirkung der Mitglieder des Staatsgerichtshofs und Allgemeine Verfahrensvorschriften

§ 7

(1) Der Präsident leitet den Mitgliedern des Staatsgerichtshofs in jeder in das Verfahrensregister eingetragenen Sache Exemplare der eingehenden Schriftsätze und sonstigen Aktenbestandteile zu. Die Mitglieder des Staatsgerichtshofs übergeben im Falle ihrer Verhinderung diese Unterlagen ihrem Vertreter.

(2) Der Präsident kann im Einvernehmen mit den Berichterstattern bzw. den Mitgliedern Akten anfordern.

§ 8

(1) Die Entscheidungen des Staatsgerichtshofs werden durch einen oder zwei Berichterstatter vorbereitet. Der oder die Berichterstatter werden vom Präsidenten nach Anhörung der Mitglieder des Staatsgerichtshofs bestimmt.

(2) Ist ein Berichterstatter verhindert, so bestimmt der Präsident nach Anhörung der Mitglieder des Staatsgerichtshofs einen anderen Berichterstatter.

(3) Der oder die Berichterstatter legen ein schriftliches Votum vor. Die weiteren Mitglieder des Staatsgerichtshofs können zusätzliche Voten einreichen. Die Voten werden vom Präsidenten allen weiteren Mitgliedern des Staatsgerichtshofs zugeleitet und regelmäßig in einer der mündlichen Verhandlung vorausgehenden Vorberatung behandelt.


§ 9

Hält der Präsident eine Entscheidung im Wege des Umlaufs für angezeigt, so übersendet er jedem Mitglied einen von ihm unterzeichneten Entscheidungsentwurf. Jedes Mitglied sendet den ihm übersandten Entwurf mit seiner Unterschrift versehen zurück, wenn es nicht eine Beratung verlangt. Der Beschluss kommt mit Eingang der Zustimmung aller Mitglieder zustande. Verweigert ein Mitglied die Unterschrift, so hat der Präsident eine Beratung anzuberaumen.


§ 10

(1) Der Präsident bestimmt die Termine zur mündlichen Verhandlung so rechtzeitig, dass die Beteiligten mit einer Frist von mindestens zwei Wochen geladen werden können. In dringenden Fällen kann die Frist abgekürzt werden.

(2) Der Präsident veranlasst die Ladung der Beteiligten. Die Ladung ist von der Geschäftsstelle auszuführen.

§ 11

(1) Der Präsident eröffnet und leitet die mündliche Verhandlung.

(2) Nach Aufruf der Sache und Feststellung der Anwesenheit trägt der Präsident oder der Berichterstatter den Sachverhalt vor. Hierauf erhalten die Beteiligten das Wort.

(3) Nach Erörterung der Sache und Stellung der Anträge wird die mündliche Verhandlung geschlossen. Der Staatsgerichtshof kann ihre Wiedereröffnung beschließen.

(4) Über die mündliche Verhandlung ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eine Niederschrift aufzunehmen. Sie ist von dem Präsidenten und dem Urkundsbeamten zu unterschreiben.

(5) Zur Unterstützung der Beratungen des Staatsgerichtshofs dürfen mit Einverständnis aller Verfahrensbeteiligten Tonaufnahmen während mündlicher Verhandlungen hergestellt werden. Die Aufnahmen stehen den Mitgliedern des Staatsgerichtshofs und den Verfahrensbeteiligten ausschließlich zum Abhören im Staatsgerichtshof zur Verfügung. Die Aufnahmen sind nach Abschluss des Verfahrens zu löschen.

§ 12

(1) Im Anschluss an die mündliche Verhandlung findet die Beratung statt.

(2) Die schriftliche Abfassung der vom Staatsgerichtshof in der Beratung getroffenen Entscheidung obliegt regelmäßig dem Berichterstatter. Der Präsident leitet den Entscheidungsentwurf den weiteren Mitgliedern des Staatsgerichtshofs zu.

(3) Hat ein Mitglied des Staatsgerichtshofs Bedenken gegen einen ihm zugeleiteten Entscheidungsentwurf, so soll es dies dem Präsidenten bis spätestens eine Woche vor der Leseberatung in geeigneter Weise schriftlich zur Kenntnis geben und zugleich einen Gegenvorschlag vorlegen.

(4) Jedes Mitglied des Staatsgerichtshofs kann die Fortsetzung der Beratung verlangen, solange es die Entscheidung nicht unterschrieben hat.

§ 13

(1) Eine Entscheidung wird in öffentlicher Sitzung verkündet oder den Beteiligten zugestellt, nachdem sie schriftlich begründet und von den Mitgliedern des Staatsgerichtshofs oder den an ihrer Stelle mitwirkenden Vertretern unterzeichnet worden ist. Ist ein Mitglied oder sein Vertreter, das an der Entscheidung mitgewirkt hat, an der Unterschrift verhindert, beurkundet dies der Präsident.

(2) Die Entscheidungen des Staatsgerichtshofs ergehen „Im Namen des Volkes“. Sie tragen auf dem ersten Blatt das Landeswappen. Die Mitglieder des Staatsgerichtshofs, die an der Entscheidung mitgewirkt haben, werden im Rubrum nach dem Präsidenten mit ihren Namen in der Reihenfolge ihres Dienstalters aufgeführt; bei gleichem Dienstalter richtet sich die Reihenfolge nach dem Lebensalter. Akademische Grade, Titel, Amts- und Berufsbezeichnungen werden nicht angegeben.

(3) Zur Verkündung einer Entscheidung genügt die Anwesenheit von drei Mitgliedern des Staatsgerichtshofs oder ihrer Vertreter. § 11 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Schreibfehler, Rechenfehler und andere offensichtliche Unrichtigkeiten in der Entscheidung kann der Präsident berichtigen. Er unterrichtet die Mitglieder oder ihre mitwirkenden Vertreter davon.

§ 14

(1) Ein Mitglied des Staatsgerichtshofs, das ein Sondervotum abgeben will, soll diese Absicht so früh wie möglich, spätestens unmittelbar vor der Unterzeichnung der Entscheidung durch die Mitglieder des Staatsgerichtshofs mitteilen.

(2) Das Sondervotum ist binnen zwei Wochen nach Unterzeichnung der Entscheidung zu den Akten zu geben. Der Präsident kann die Frist um weitere zwei Wochen verlängern.

(3) Die Entscheidung wird in der Regel erst nach Vorliegen des Sondervotums verkündet oder zugestellt. In dringenden Fällen kann sie verkündet oder zugestellt werden, bevor das Sondervotum vorgelegt worden ist. In diesem Fall sind die Beteiligten darauf hinzuweisen, dass ein Sondervotum beabsichtigt ist.

(4) Wird das Sondervotum nicht innerhalb der für seine Einreichung bestimmten Frist vorgelegt, wird die Entscheidung ohne Sondervotum und ohne Hinweis auf ein zu erwartendes Sondervotum verkündet oder zugestellt.

§ 15

Der Präsident veranlasst die Veröffentlichung der Entscheidungsformel im Niedersächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt gemäß § 19 Satz 2 NStGHG.

§ 16

(1) Die Mitglieder des Staatsgerichtshofs unterrichten den Präsidenten, falls sie durch Urlaub, Krankheit oder aus anderen wichtigen Gründen an der Mitwirkung im Staatsgerichtshof gehindert sind.

(2) Der Präsident stellt eine Verhinderung aus wichtigen Gründen im Sinne des Absatzes 1 förmlich fest und unterrichtet den Vertreter des verhinderten Mitgliedes.

Dritter Teil

Ergänzende Verfahrensvorschriften

§ 17

(1) Die Beteiligten können sich in jeder Lage des Verfahrens durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen.

(2) Der Niedersächsische Landtag oder Teile des Landtages, die in der Niedersächsischen Verfassung mit eigenen Rechten ausgestattet sind, können sich auch durch eines ihrer Mitglieder vertreten lassen.

(3) Das Land Niedersachsen und seine Verfassungsorgane sowie Gemeinden und Gemeindeverbände können sich auch durch Beschäftigte vertreten lassen, die die Befähigung zum Richteramt besitzen.

(4) Der Staatsgerichtshof kann auch andere Personen als Beistand eines Beteiligten zulassen. Die Zulassung kann jederzeit widerrufen werden.

(5) Verfahrensbevollmächtigte und Beistände haben eine schriftliche Vollmacht vorzulegen, die sich auf das jeweilige Verfahren bezieht.

(6) Ist ein Verfahrensbevollmächtigter bestellt, werden alle Mitteilungen des Staatsgerichtshofs an ihn gerichtet. Der Präsident oder der Berichterstatter kann anordnen, dass der vertretene Beteiligte zugleich zu unterrichten ist.


§ 18

(1) Das Recht der Beteiligten auf Akteneinsicht beschränkt sich auf die Verfahrensakten des Staatsgerichtshofs und die ihm vorgelegten oder von ihm beigezogenen Beiakten. Die der Vorbereitung der Entscheidung dienenden Voten und sonstigen Unterlagen sind von der Einsichtnahme ausgeschlossen.

(2) Nach Abschluss des Verfahrens wird den Beteiligten und ihren Bevollmächtigten Akteneinsicht nur gewährt, wenn sie ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen und Belange der übrigen Beteiligten nicht entgegenstehen; die Akteneinsicht beschränkt sich auf die Akten des Staatsgerichtshofs.

(3) Nicht am Verfahren Beteiligte erhalten keine Akteneinsicht.

(4) Über Ort und Zeit der Akteneinsicht entscheidet der Präsident.

(5) Anträge nach § 14 Abs. 2 Satz 2 NStGHG leitet der Präsident den Mitgliedern des Staatsgerichtshofs unverzüglich mit einem Beschlussvorschlag zu.

§ 19

Verfahrensakten des Staatsgerichtshofs werden Gerichten und Behörden grundsätzlich nicht überlassen. Über Ausnahmen entscheidet der Präsident.

§ 20

Die Verfahrensakten des Staatsgerichtshofs sind mindestens dreißig Jahre nach Abschluss des Verfahrens aufzubewahren. Danach entscheidet der Präsident über ihre Vernichtung. Von der Vernichtung ausgeschlossen sind die Urschriften der Entscheidungen. Nach zehn Jahren kann die Aufbewahrung der Urschriften in Form von Speichermedien erfolgen.

§ 21

Verfahrensakten und Voten können im Falle ihrer rechtsgeschichtlichen Bedeutung von der Vernichtung ausgeschlossen werden. Sie können dem Niedersächsischen Staatsarchiv übergeben werden.

Vierter Teil

Schlussvorschriften

§ 22

(1) Jedes Mitglied des Staatsgerichtshofs kann die Änderung der Geschäftsordnung beantragen. Der Antrag soll schriftlich gestellt und begründet werden; er soll einen Formulierungsvorschlag enthalten.

(2) Über eine Änderung der Geschäftsordnung beschließt der Staatsgerichtshof mit der Mehrheit seiner Mitglieder.

§ 23

Diese Geschäftsordnung tritt am 1. Februar 2014 in Kraft; gleichzeitig wird die Geschäftsordnung des Niedersächsischen Staatsgerichtshofs vom 5. Dezember 1996 (Nds. GVBl. 1997 S. 48), zuletzt geändert am 15. März 2002 (Nds. GVBl. S. 136), aufgehoben.

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